BUND MAGAZIN - 2/2022
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany
Buntes Leben
Intakte Moore zählen nicht zu den artenreichsten Lebensräumen. Doch
viele ihrer Bewohner sind nur hier zu finden. Und darum heute selten
geworden
von Severin Zillich
Einst dehnten sich die deutschen Moore über eineinhalb Millionen Hektar aus. Auf etwa fünf Prozent der Landesfläche - in Norddeutschland teilweise über 15 Prozent - regierten Torfmoose und andere Moorbildner. Doch ab dem 18. Jahrhundert entzog der Mensch 99 Prozent dieser Moore planvoll das Wasser. Schon eine leichte Absenkung des Wasserspiegels genügt, um die Mannigfaltigkeit unberührter Hochmoore zu vernichten. Entsprechend gefährdet und rar sind viele ihrer Bewohner heute.
Wo Niederschläge und das Grundwasser zu einem ständigen Überschuss an Wasser führen, entstehen Moore. Abgestorbene Pflanzenreste können im Wasser nicht zersetzt werden und lagern sich als Torf ab. Dabei lassen sich grundsätzlich zwei Moortypen unterscheiden.
Hochmoore werden ausschließlich von Regenwasser gespeist. Sie entstehen, indem Torfmoose in großen Polstern über das Grundwasser emporwachsen. Als größte baumfreie Inseln im weithin bewaldeten Mitteleuropa bildeten die Hochmoore einst eine Welt für sich. Vergleichsweise wenige Arten konnten diesen Lebensraum erobern. Charakteristisch ist ihr kleinräumiges Mosaik von Bulten und Schlenken, von nassen und trockeneren Bereichen. Hochmoore sind sehr sauer, extrem nährstoffarm und wachsen etwa einen Millimeter pro Jahr in die Höhe.
Niedermoore finden wir, wo Seen verlandet oder Senken versumpft sind, wo Auen periodisch überflutet werden oder Quellen auftreten. Sie sind häufig nähr-stoffreich, so dass sich Röhrichte und teilweise auch Bruchwald bilden. Von Niederzu Hochmooren gibt es vielfältige Übergänge; diese »Zwischenmoore« werden oft von Kleinseggen besiedelt.
Über hundert wirbellose Tiere sind in ihrem Vorkommen rein auf die Hochmoore beschränkt. Dazu zählen Käfer wie der Hochmoor-Laufkäfer, Schmetterlinge wie Hochmoorgelbling und -bläuling, Libellen wie die Hochmoor-Mosaikjungfer oder spezialisierte Wolfsspinnen.
Zu den typischen Brutvögeln gehör(t)en das heute stark gefährdete Birkhuhn sowie die Sumpfohreule, der Brachvogel und der Goldregenpfeifer. Alle drei sind bei uns vom Aussterben bedroht.
Niedermoore stellen weniger extreme Lebensräume dar. Anders als Hochmoore wölben sie sich nicht über ihre Umgebung empor und werden deshalb auch Flachmoore genannt. Meist nährstoffreich und immer von Grundwasser genährt, prägen Schilfröhrichte, Seggenriede oder Bruchwälder ihr dichtes Pflanzenkleid. Niedermoore beheimaten mehr Arten als Hochmoore, und ihre Tiere und Pflanzen sind weniger spezialisiert.
Doch ob Hoch- oder Niedermoor: Wo sich Untergrund und Klima
kleinräumig verändern, können große Moorkomplexe voller Leben sein.
Dieses Leben aber ist heute fast überall verschwunden. Es wird sich
nur dann neu entfalten können, wenn wir unsere ehemaligen Moore auf
weiter Fläche wiedervernässen.
Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
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Quelle:
BUND MAGAZIN 2/2022, Seite 18-19
Herausgeber:
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veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 13. August 2022
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