OceanCare - Medienmiteilung, 28. November 2022
Zum Schutz stark gefährdeter Wale im Mittelmeer - drei Massnahmen gegen Schiffskollisionen
Vom 29.11. bis 2.12. entscheiden Vertreter von 24 Mittelmeer- und Schwarzmeeranrainerstaaten in Malta über den Schutz für Wale und Delfine. Pott- und Finnwale gelten laut Weltnaturschutzunion (IUCN) im Mittelmeer als "stark gefährdet" und die Pottwalpopulation im östlichen Mittelmeer droht auszusterben. Zusammenstösse mit Schiffen sind die Haupttodesursache für die beiden Grosswalarten. Es ist dringend notwendig, die Zahl der Schiffskollisionen zu verringern.
"Politik und Schifffahrtssektor wissen genau was getan werden muss. Umleitung, langsamere Schifffahrt und neue Technologien in Hochrisikogebieten sind das Rezept für eine Erfolgsgeschichte im Walschutz", sagt Nicolas Entrup, Direktor für internationale Beziehungen bei OceanCare.
Jedes Jahr passieren schätzungsweise mehr als 220.000 grosse Schiffe das Mittelmeer, es gilt als eine der verkehrsreichsten Regionen für Handelsschiffe und Schnellfähren. Mittlerweile gelten beide Grosswalarten im Mittelmeer, die Finn- und Pottwale, als stark gefährdet. Besonders kritisch ist die Situation für Pottwale im östlichen Mittelmeer: Im Hellenischen Graben leben schätzungsweise gerade mal noch 200 der Meeressäuger. Die grösste Gefahr für die bedrohten Tiere sind die rund 30.000 Frachtschiffe und Fähren, die ihren Lebensraum jedes Jahr in hohem Tempo durchqueren. So zeigten mehr als die Hälfte der zwischen 1992 und 2021 an der griechischen Küste gestrandeten Pottwale eindeutige Spuren von Zusammenstössen mit Schiffen und Verletzungen durch Schiffspropeller.
Die Staaten sind laut internationaler, nationaler und regionaler Abkommen verpflichtet, Wale zu schützen. Die Einsatzgebiete von OceanCare gelten als Hochrisikogebiete für Schiffskollisionen. Hier sind dringend Massnahmen nötig: Der Hellenische Graben für Pottwale im östlichen Mittelmeer, das nordwestliche Mittelmeer einschliesslich des Pelagos-Schutzgebietes und des Walmigrationskorridors, sowie das östliche Alboran-Meer und die Strasse von Gibraltar für Finn- und Pottwale.
1. Streckenänderung mit Kurs auf Walschutz
Die Massnahme erster Wahl ist eine veränderte Routenführung der Schiffe.
Eine Koalition aus IFAW, OceanCare, dem Pelagos Cetacean Research Institute
und dem WWF Griechenland konnte wichtige Akteure des Schifffahrtssektors
überzeugen, ihre Routen zum Schutz der Wale zu ändern. So verlegte MSC,
eine der weltgrössten Reedereien, seine Fahrtrouten im Hellenischen Graben
entsprechend den wissenschaftlichen Vorgaben. Die Reederei Euronav zog im
Februar 2022 nach. Schon im Juni hielt der Verband Deutscher Reeder (VDR)
seine Mitglieder ebenfalls dazu an, Routen zu wählen, die Wale schützen.
Und schliesslich rief dann Mitte Oktober 2022 die Internationale
Schifffahrtskammer ICS die gesamte Branche auf, die Schifffahrtsrouten so
zu wählen, dass sie Gebiete mit hohem Kollisionsrisiko meiden.
2. Tempo raus - effektive Sofortmassnahme
Eine Temporeduktion für Fähren, Kreuzfahrt- und Handelsschiffe ist die
zweite effektive Massnahme im Walschutz - besonders in Gebieten, in denen
eine Umleitung nicht möglich ist. Fahren Schiffe nur ein Zehntel langsamer,
sinkt die Gefahr eines tödlichen Zusammenstosses für Wale um 50%. Für
Schutzgebiete wird ein Tempolimit von 10 Knoten empfohlen. Eine verringerte
Geschwindigkeit reduziert gleichzeitig auch CO2 Ausstoss und
Unterwasserlärm. Im November 2021 verabschiedete auch der wissenschaftliche
Ausschuss des regionalen Wal- und Delphinschutzabkommens für das Mittelmeer
und Schwarze Meer "ACCOBAMS" die Empfehlung: "wenn es nicht möglich ist,
Routen einzurichten, die Schiffe von Walen fernhalten, ist eine langsamere
Schifffahrt die einzige Massnahme, die nachweislich tödliche Kollisionen
mit den meisten Grosswalen verringert".
3. SAVE MOBY - Smarte Technologie zum Schutz der Meeressäuger
Die kritische Situation einiger Populationen, wie der Pottwale im östlichen
Mittelmeer, erfordert zusätzliche effektive Massnahmen. So finanzierte
OceanCare die Entwicklung von "Save Moby", ein
High-Tech-Lokalisierungsprogramm von Walen. Das System lokalisiert mit
solarbetriebenen High-Tech-Bojen, die mit Unterwasser-Mikrophonen
ausgerüstet sind, Pottwale über ihre Klicklaute - und leitet ihren
Aufenthaltsort in Echtzeit an den Schiffsverkehr. Befindet sich ein Schiff
auf Kollisionskurs mit einem Wal, kann dessen Kapitän frühzeitig gewarnt
werden. So kann er das Tempo drosseln oder den Kurs rechtzeitig ändern, um
dem Wal auszuweichen. Save Moby wurde in einem dreijährigen Pilotprojekt
erfolgreich getestet und ist das weltweit erste System zur integrierten
Lokalisierung von Pottwalen. Die Genauigkeit des Systems ist einzigartig.
OceanCare hat die Entwicklung von Save Moby durch ein internationales und multidisziplinäres Team unter der Leitung des Pelagos Cetacean Research Institute und des Institute of Applied and Computational Mathematics - FORTH finanziert. Gemeinsam mit dem griechischen Umwelt-Thinktank The Green Tank treiben die Partner die Einführung des Systems durch die griechische Regierung voran.
OceanCare lanciert ein animiertes Video, das die Bedrohung der Pottwale im östlichen Mittelmeer durch Schiffskollisionen erläutert und zeigt, wie Save Moby funktioniert. Das Video ist rechtefrei verwendbar, clean und untertitelt, sowie in 4 Sprachen verfügbar: Englisch, Deutsch, Griechisch und Spanisch.
Link zum Video Save Moby
https://youtu.be/wVajpjFiin0
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Quelle:
Medienmitteilung vom 28. November 2022
Herausgeber: Verein OceanCare
Oberdorfstr. 16, Postfach 372, Ch-8820 Wädenswil
Tel.: +41 (0) 44 780 66 88, Fax: +41 (0) 44 780 66 08
E-Mail: info[at]oceancare.org
Internet: www.oceancare.org
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 29. November 2022
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