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INTERNATIONAL/467: Mexiko - Waldschützer getötet, der sich gegen Ausbreitung der Avocado-Industrie wehrte (Philipp Gerber)


Mexiko: Waldschützer getötet, der sich gegen Ausbreitung der Avocado-Industrie wehrte

von Philipp Gerber, 25. Februar 2023


Michoacán. Alfredo Cisneros Madrigal, ein Waldschützer aus der indigenen Gemeinde Sicuicho, ist in der Nacht zum 21. Februar erschossen worden. Das teilte der Oberste Indigene Rat von Michoacán (Consejo Supremo Indígena de Michoacán, CSIM) mit.

Cisneros, der sich für die Autonomie seiner Gemeinde einsetzte, war Präsident des Dorflandrates von Sicuicho und "ein unermüdlicher Verteidiger der Wälder, des Territoriums und der kollektiven Rechte", so die Organisation in einer Erklärung.

Darin führt der Rat weiter aus, dass die indigene Purépecha-Gemeinde Sicuicho jüngst von Vertreter:innen der Avocado-Industrie bedrängt worden sei, die beabsichtigen, die Landnutzung der Kieferwäldern für einen "maßlosen Anbau" von Avocados zu ändern. Von den Landes- und Bundesbehörden fordert er die Aufklärung des Verbrechens und die "Bestrafung der Drahtzieher und unmittelbaren Täter" sowie Sicherheitsgarantien für die Gemeindemitglieder. Der CSIM prangert an, dass in Michoacán in den letzten Jahrzehnten mehr als 60 soziale Aktivisten, Wald- und Umweltschützer sowie Gemeindeautoritäten ermordet wurden oder verschwunden sind, "weil sie das Leben und die natürlichen Ressourcen verteidigt und gegen soziale Ungerechtigkeiten gekämpft haben". Kein einziger Fall sei aufgeklärt worden, obwohl entsprechende Anzeigen erstattet wurden. "In Michoacán herrschen Unsicherheit und Straflosigkeit".

Der Oberste Indigene Rat von Michoacán hatte einen Tag vor dem jüngsten Mord zahlreiche Aktivist:innen aus über 60 Purépecha-, Nahua-, Otomi- und Mazahua-Gemeinden mobilisiert. Sie blockierten die wichtigsten Straßen des Bundesstaates, um Gerechtigkeit für dutzende ermordete oder gewaltsam verschwundene Menschenrechtsaktivist:innen und Umweltschützer:innen zu fordern.

Die indigenen Gemeinden im Bundesstaat Michoacán, der seit 2021 von der gemäßigt linken Morena-Partei regiert wird, sind mit einer Welle der Gewalt konfrontiert. Am 10. Dezember 2022, dem Tag der Menschenrechte, wurde der Waldschützer Pedro Pascual in der Purepecha-Gemeinde Ocumicho ermordet. Am 12. Januar 2023 richteten Gruppen der organisierten Kriminalität drei Mitglieder der kommunalen Polizei der Nahua-Gemeinde Santa María Ostula hin.

Am 15. Januar verschwanden Antonio Díaz Valencia, Kandidat für den Vorstand der Gemeindeländereien von Aquila, und der Menschenrechtsanwalt Ricardo Lagunes Gasca (amerika21 berichtete [1]). Die beiden nahmen Momente zuvor an einer Sitzung in Aquila teil, bei der das Bergbauunternehmen Ternium - der größte Stahlproduzent Lateinamerikas mit Hauptquartier in Luxemburg - wegen Nichteinhaltung von Vereinbarungen mit den Gemeinden kritisiert wurde. Mehr als einen Monat danach haben die Behörden immer noch keine Spur von den beiden Aktivisten.


Anmerkung:
[1] https://amerika21.de/2023/01/262396/mexiko-nahua-indigene-stahlunternehmen

Quellen:
desinformemonos
https://desinformemonos.org/asesinan-al-defensor-purepecha-alfredo-cisneros-en-michoacan/
csim
https://www.facebook.com/ConsejoSupremoIndigenaMichoacan/posts/pfbid02faiCqWsnK5VszWPoZxZjKXZRZtrfBxarccdJ8rY7W23pNUQoq1tVMSaEWeYjEtDrl


Erstveröffentlicht auf amerika21:
https://amerika21.de/2023/02/262867/mexiko-waldschuetzer-getoetet-avocadoanbau

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Quelle:
© 2023 by Philipp Gerber
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 28. Februar 2023

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