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USA/350: Unternehmen unterstützen israelische Besatzung - Boykott findet keine Mehrheit (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. Juli 2012

USA: Unternehmen unterstützen israelische Besatzung - Boykott findet keine Mehrheit

von Mitchell Plitnick



Washington, 11. Juli (IPS) - Zwei Stimmen fehlten. Die Generalversammlung der Presbyterianischen Kirche in den USA stellte ihre Mitglieder am 5. Juli vor die Wahl, die Investitionen in drei Unternehmen zurückzuziehen. Der Grund: 'Caterpillar', 'Hewlett-Packard' und 'Motorola Solution' stellen technische Ausstattung zur Verfügung, mit der die Besatzung der palästinensischen Gebiete im Westjordanland aufrecht erhalten wird. Die Befürworter des Ausstiegs aus der Investition unterlagen - und die Kirche bleibt nun im Geschäft.

Die Diskussion der vergangenen Wochen hat dennoch für Nachhall gesorgt. Bereits am 25. Juni gaben Sprecher der Ratingagentur 'Morgan Stanley' bekannt, dass sie den Baumaschinenhersteller Caterpillar von ihrem 'Capital Index' (MSCI) für sozial verantwortliche Unternehmen streichen würden. Als Begründung führte die Agentur unter anderem an, dass die Maschinen der Firma bei Menschenrechtsverletzungen gegenüber Palästinensern im Westjordanland eingesetzt würden.

Daraufhin zog einer der größten US-Rentenfonds im akademischen Bereich, TIAA-CREF, seine Beteiligung an Caterpillar zurück. Aktivisten der Bewegung für Boykott, Sanktionen und gegen Investitionen (BDS), zu der sich 2005 rund 170 palästinensische Organisationen zusammengeschlossen hatten, feierten die Entscheidung als großen Erfolg. Der Rentenfonds war schon lange Ziel +++ihre[r] Kampagne gewesen.

Die Entscheidung schürte Hoffnungen bei den Aktivisten, dass die Presbyterianische Kirche in die gleiche Richtung gehen und neben ihren Beteiligungen an Caterpillar auch die an dem Computerunternehmen Hewlett-Packard und dem Mobiltelefonhersteller Motorola Solutions zurückziehen würde. Die Presbyterianische Kirche wäre damit die erste große christliche Kirche mit einer solchen Entscheidung.

Doch das Ergebnis fiel schließlich ganz knapp dagegen aus: 333 Mitglieder waren gegen den Beschluss, 331 dafür. Dennoch war das Ergebnis Wasser auf den Mühlen der BDS-Aktivisten, unter ihnen Rabbi Alissa Wise, Präsidentin der Kampagne 'Jewish Voice for Peace' (JVP), die seit längerem die Presbyterianische Kirche und den Rentenfonds TIAA-CREF im Fokus hatte.

"Das Engagement von Mitgliedern der Presbyterianischen Kirche für die palästinensische Sache und der Einsatz für Gerechtigkeit haben mich bereits häufig zu Tränen gerührt", sagte Wise. "Dies ist ein historischer Moment im Kampf für Würde und Gerechtigkeit." Sie sei voll des Lobes für die Kirchenmitglieder, dem Ziel, die Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen, so nahe gekommen zu sein.


Boykott für israelische Produkte beschlossen

"Bei der Diskussion ging es nicht mehr um die Frage, ob die Besatzung legitim sei, sondern wie man sie beenden könnte", fügte Rebecca Vilkomerson an, Vize-Präsidentin von JVP. "Das ist bereits ein beachtlicher Fortschritt." Als Erfolg wertete sie auch, dass die Kirchenmitglieder am 6. Juli beschlossen hatten, israelische Produkte zu boykottieren, die in den besetzten Gebieten angebaut werden.

Die Gegner des Beschlusses, die Investitionen zurückzuziehen, kamen aus allen Reihen. Jüdische Gruppierungen engagierten sich bereits seit mehreren Jahren gegen eine solche Entscheidung. Auch einige jüdische Friedensinitiativen waren entschieden gegen einen solchen Beschluss, darunter 'J Street' und 'Americans for Peace Now'. Diese beiden Gruppen sind der Ansicht, dass ein Rückzug aus der Beteiligung der Unternehmen den Antisemitismus weltweit stärken und der guten Beziehung zwischen der Presbyterianischen Kirche und dem Judentum in den USA schaden könnte.

"Kampagnen wie diese erwecken den Anschein, dass es nicht nur um die israelische Politik geht, sondern um einen tief sitzenden Hass und eine Abneigung gegenüber dem Staat Israel", sagte Debra DeLee, Präsidentin von Americans for Peace Now.

"Wenn die Presbyterianische Kirche die Stimmen ihrer jüdischen Verbündeten in der Frage einer Zweistaatenlösung für Israel überhört und für den Ausstieg aus der Investition stimmt, wird dies uns dem Frieden kein Stückchen näher bringen", sagte Jeremy Ben-Ami, Präsident von J Street. "So was zieht nur die Energien von Aufgaben ab, die wir wirklich angehen müssen."

"In der Palästinenser-Frage darf man sich nicht mit einzelnen Erfolgen und Niederlagen aufhalten", sagte Nadia Hijab, Ko-Gründerin von 'Al- Shabaka', einem palästinensischen politischen Netzwerk. "Man muss langfristige Trends beobachten und verfolgen. Und diese Trends haben sich in der Vergangenheit erfreulicherweise zugunsten der Palästinenser gedreht: Ihre Rechte stehen über der israelischen Kolonialisierung der besetzten Gebiete und der Diskriminierung von palästinensischen Bürgern und Flüchtlingen."

Hijab zufolge hat die palästinensische Zivilgesellschaft in den vergangenen Jahren an Wert gewonnen und im politischen Diskurs den Ton angegeben. Pro-israelische Gruppen wurden auf die Verteidigungsposition gedrängt - und mussten Millionen zahlen.

"Wenn große Kirchen wie die Methodistische und die Presbyterianische Kirche es auch nicht geschafft haben, ihre Investitionen in Unternehmen aufzugeben, die die israelische Besatzung unterstüzen, so wurden sie doch genötigt, auf die Illegalität der Besatzung zu reagieren: mit dem Boykott von Produkten, die in den illegalen Gebieten hergestellt werden." (Ende/IPS/jt/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juli 2012