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REZENSION/759: Hamid Dabashi - The Last Muslim Intellectual (SB)


Hamid Dabashi


The Last Muslim Intellectual



The Life and Legacy of Jalal Al-e Ahmad

Seit 1979 steht auf der Welt kein Staat der westlichen Moderne, der sogenannten Globalisierung bzw. der "regelbasierten Ordnung" Nordamerikas und Westeuropas so sehr im Wege und bietet der außenpolitischen Elite in den USA dermaßen demonstrativ die Stirn wie die Islamische Republik Iran. Das "Mullah-Regime" in Teheran gilt aus Washingtoner Perspektive seit mehr als einem halben Jahrhundert als "Hauptsponsor des internationalen Terrorismus" vor allem deshalb, weil die klerikale Führung des schiitischen Irans darauf pocht, allein über die Ausbeutung der Öl- und Gasreichtümer des Landes und die Verwendung der Einnahmen aus deren Verkauf zu entscheiden und sich zudem kategorisch weigert, den Kolonialstaat Israel anzuerkennen und die prinzipielle Unterstützung für die Palästinenser zu unterbinden. Wenn es um die vorgeschobenen Kritikpunkte wie restriktive Frauenpolitik oder das Verwehren demokratischer Rechte ginge, müsste Saudi-Arabien weit vor dem Iran am Pranger des Westens stehen; statt dessen wird der sunnitische Feudalstaat der Familie Al Saud vom Westen gehätschelt und seine Schandtaten, wie zum Beispiel die Vernichtung von fast 400.000 Menschenleben seit 2015 durch den Krieg im armen Nachbarland Jemen, werden geflissentlich ignoriert.


Schwarzweiß-Nahaufnahme von Dschalal Al-e Ahmad - Foto: Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons

Reisepassfoto von Dschalal Al-e Ahmad
Foto: Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons

Als die amerikanische Gesellschaft im September 2002 noch in kollektivem Schockzustand infolge der beispiellosen Flugzeuganschläge auf die New Yorker Zwillingstürme und das Pentagon in Arlington ein Jahr davor stand, überraschte Richard Armitage, seinerzeit Stellvertretender Außenminister der USA, mit der Aussage, dass nicht das Al-Kaida-"Netzwerk" Osama Bin Ladens, sondern die libanesische Hisb-Allah-Bewegung, die für die westlichen Geheimdienste als verlängerter Arm des Irans am Mittelmeer gilt, das eigentliche "A-Team" des "internationalen Terrorismus" sei. Zu jenem Zeitpunkt bereitete die Regierung George W. Bush den illegalen Einmarsch in den Irak und den gewaltsamen Sturz des "Regimes" Saddam Husseins vor. Geplant war von dort aus der Einfall in den Iran, weshalb im März 2003, im Rausch der furios gestarteten angloamerikanischen Invasion des Zweistromlands, in neokonservativen Kreisen Washingtons der Spruch kursierte, "Weicheier wollen nach Bagdad, echte Kerle nach Teheran".

Für den ehemaligen Marineinfanteristen Armitage hatten die USA mit der Hisb Allah wegen der beiden verheerenden Lastwagenanschläge 1983 auf einen Militärstützpunkt und die Botschaft der USA in Beirut mit Hunderten von Todesopfern "noch eine Rechnung offen". Hinzu kam das Ressentiment, das die Amerikaner seit 1979 gegenüber der "Mullahkratie" wegen der 444tägigen Besetzung der US-Botschaft in Teheran und der Geiselnahme des dortigen Personals pflegen. Doch wegen des Zusammenbruchs der staatlichen Ordnung im Irak und des aufkommenden Volksaufstands gegen die westlichen Besatzungstruppen mussten die hoch ambitionierten, im Grunde vollkommen illusorischen Angriffspläne der Bush-Regierung für den Iran ungenutzt in der Schublade bleiben. Dennoch stehen Washington und Teheran - ungeachtet oder gerade wegen des 2015 von Barack Obama unterzeichneten und nur zwei Jahre später von Donald Trump wieder aufgekündigten Atomvertrags - einander bis heute unversöhnlich gegenüber.


Irans großer Volksheld wird von seinen Peinigern öffentlich demontiert - Foto: Ebrahim Golestan, Public domain, via Wikimedia Commons

Mohammad Mosaddegh vor einem Kriegsgericht 1953
Foto: Ebrahim Golestan, Public domain, via Wikimedia Commons

Ein wichtiger Aspekt jener berühmt-berüchtigten Geiselnahme an der Teheraner US-Botschaft, der leider allzu sehr vergessen wird, ist das Motiv der an der umstrittenen Aktion beteiligten Studenten. Nur Tage vor der Erstürmung des Komplexes hatte der vor den Unruhen in Teheran geflohene Schah von Persien, Mohammed Reza Pahlavi, Asyl in den USA erhalten. Die Gegner des Autokraten befürchteten nicht ganz zu Unrecht, dass die CIA von der amerikanischen Botschaft in Teheran aus einen Putsch ähnlich dem im Jahr 1953, als der US-Geheimdienst, vor Ort unter der Führung von Kermit Roosevelt, die gewählte Regierung von Premierminister Mohammad Mossadegh stürzte und den wankelmütigen Schah, der per Flugzeug in den Irak und von dort weiter nach Italien geflohen war, wieder auf den Pfauenthron setzte, durchführen könnte. Operation Ajax, die den Grundstein für zahlreiche ähnliche CIA-Umtriebe der folgenden Jahrzehnten legte - siehe Maidan-Putsch 2014 in der Ukraine - hatte im kollektiven Gedächtnis der Iraner tiefe Spuren hinterlassen.


Jalal Al-e Ahmad posiert stehend mit einer Gruppe junger Studenten - Foto: Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons

'Der Schuldirektor' Jalal Al-e Ahmad
Foto: Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons

Mossadegh musste verschwinden, weil auf sein Betreiben hin und gegen den Willen Londons das Parlament in Teheran die Ölförder-, Raffinerie- und Verladeanlagen - letztere auf der Insel Charg im Persischen Golf - der damaligen Anglo-Iranian Oil Company (AIOC), aus der später British Petroleum (BP) hervorging, verstaatlicht hatte. Ein solch ungebührliches Benehmen eines Entwicklungslands einem führenden westlichen Industriestaat gegenüber hätte Schule machten können und durfte deshalb nicht unbestraft bleiben. Die blutige Absetzung Mossadeghs, des hochgebildeten und charismatischen Lieblings der iranischen Massen und einer international anerkannten Galionsfigur der anti-kolonialen Bewegung der Ära nach dem Zweiten Weltkrieg durch gekaufte, pro-amerikanische Militärs und seine Erniedrigung infolge eines Prozesses vor einem Kriegsgericht und einer Verbannung in den Hausarrest bis zu seinem Tod 1967 hat weite Teile seiner Landsleute politisch traumatisiert. Zu den Millionen damals erschütterter Iraner gehörte der Schriftsteller Dschamal Al-e Ahmad, den Hamid Dabashi, Professor für iranische Studien und vergleichende Literatur an der New Yorker Columbia University, in einer glanzvollen Biographie zum "letzten muslimischen Intellektuellen" erkoren hat.

Der 1923 geborene Al-e Ahmad hat wie kein Zweiter im Iran der vierziger, fünfziger und sechziger Jahre das Streben des Landes nach einer Zukunft ohne westliche Bevormundung, sei es wirtschaftlich, militärisch, politisch oder kulturell, verkörpert. Dabashi sieht in ihm einen "asketischen Revolutionär", ähnlich Franz Fanon, der in seinen Gedanken und Schriften für den Iran einen Weg in die Moderne suchte, der jenseits der bedenkenlosen Übernahme westlicher Konsumwerte und Verhaltensnormen läge und der sich auf die religiösen und kulturellen Traditionen des Irans in all ihrer Vielfältigkeit besänne. Zudem will der Biograph Al-e Ahmad aus der ideologischen Umklammerung der geistlichen Machthaber des Irans lösen, die seines Erachtens den 1969 verstorbenen Essayisten fälschlicherweise zum entscheidenden Wegbereiter der Islamischen Revolution erklärt haben, lediglich weil er sechs Jahre zuvor die Kritik von Ajatollah Sayyid Ruhollah Khomeini am gesellschaftlichen Modernisierungsprogramm des Schahs, genannt die Weiße Revolution, für begründet hielt (1964 wurde Khomeini des Landes verwiesen, nachdem er die Entscheidung des Schahs, den Amerikanern die Stationierung von US-Truppen im Iran zu gestatten, öffentlich verurteilt hatte).


Eine junge Simin Daneshwar im Porträt - Foto: Kojaro, Public domain, via Wikimedia Commons

Simin Daneschwar war die große Liebe Dschalal Al-e Ahmads in seinem kurzen Leben
Foto: Kojaro, Public domain, via Wikimedia Commons

Al-e Ahmad wuchs selbst in einer klerikalen Familie Teherans auf. Wäre es nach dem Wunsch seines Vaters gegangen, wäre auch er Imam geworden. Dagegen lehnte sich Al-e Ahmad jedoch auf, ließ sich zum Schullehrer ausbilden und studierte an der Teheran Universität Persisch, ohne jedoch seine Doktorarbeit abzuschließen. Wie viele junge Menschen begeisterte er sich für den Sozialismus und schloss sich deshalb der kommunistischen Tudeh-Partei an. Nach wenigen Jahren trat er wieder aus und zwar aus Protest gegen die unkritische Haltung seiner Genossen der Sowjetunion gegenüber. Statt dessen wandte er sich der Nationalen Front Mossadeghs zu und kam nach dessen Entmachtung und Verhaftung selbst für einige Jahre ins Gefängnis.

Bereits 1950 hatte Al-e Ahmad die junge angehende Schriftstellerin Simin Daneschwar aus Isfahan geheiratet, die in wenigen Jahren selbst zur ersten und bedeutendsten Romancierin des Irans aufsteigen sollte. Gemeinsam bildeten sie ein prominentes literarisches Paar, das jedem Vergleich mit Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir im Frankreich jener Jahre oder besser noch Percy Bysshe Shelley und Mary Shelley der Romantik in England standhielt. Al-e Ahmad und Daneschwar haben ihr Werk gegenseitig unterstützt, kritisiert, korrigiert und lektoriert. Auch die Eheprobleme, vor allem der Umstand, dass Al-e Ahmad unfruchtbar war und sie deshalb keine Kinder bekommen konnten, wurden von ihm schriftstellerisch verarbeitet. 1958 erschien Al-e Ahmads wichtigster Roman "Der Schuldirektor".


Luftaufnahme der Hafenanlage auf der Insel Charg - Foto: National Iranian Oil Company, Public domain, via Wikimedia Commons

Öltanker bei der Beladung am Terminal der Insel Charg 1967
Foto: National Iranian Oil Company, Public domain, via Wikimedia Commons

Vor allem in den vielen Kurzgeschichten, Reiseberichten und Essays brilliert Al-e Ahmad nach Meinung seiner zahlreichen Bewunderer. Es sind diese Arbeiten, die auch Biograph Dabashi für besonders erachtenswert hält. Der rastlose Al-e Ahmad hat jahrelang den Iran zu Fuß erkundet, sich für das Leben der einfachen Menschen in den kleinen Städten oder abgelegenen Dörfern interessiert, mit ihnen das Brot geteilt, sich ihre Geschichten angehört und Gedanken über ihre Lage gemacht, die er dann später zu Papier brachte. Zu den bekanntesten Reiseberichten des Hobby-Ethnologen gehörte der Besuch auf der Insel Charg, die Anfang der fünfziger Jahre im Mittelpunkt des Streits Mossadeghs mit Großbritannien stand und später, infolge schwerer Verwüstungen des Iran-Irak-Kriegs von 1980 bis 1988, unbewohnbar wurde.


Carter und der Schah prosten einander mit Champagner-Gläsern zu - Foto: US Federal Government, Public domain, via Wikimedia Commons

Jimmy Carter und der Schah, Mohammad Reza Pahlavi, beim Staatsempfang 1978
Foto: US Federal Government, Public domain, via Wikimedia Commons

Auch außerhalb des Irans unternahm Al-e Ahmad in den fünfziger und sechziger Jahren wichtige Studienreisen, die ihn nach Europa, in die Sowjetunion, in die USA, wo er am Seminar an der Harvard Universität sogar mit Henry Kissinger in Kontakt kam, und nach Israel führten. Seine ursprünglich positive Meinung über Israel, vor allem wegen der dortigen Kibbuz-Bewegung, hat er später angesichts des Sechs-Tage-Kriegs 1967 und der damit einhergehenden illegalen Besetzung Ostjerusalems, des Westjordanlands und des Gazastreifens, gründlich revidiert. Auch die Pilgerreise nach Mekka, die Hadsch, bot Al-e Ahmad, ähnlich wie wenige Jahre zuvor Malcolm X, literarischen Stoff zum Nachdenken über die Bedeutung des Islams und die Rolle des muslimischen Menschen in der Welt.

Nachhaltig in Erinnerung geblieben ist Al-e Ahmad in seinem Heimatland weniger wegen seiner Übersetzungen der Werke von Sartre, Fjodor Dostojewski, Andre Gide, Albert Camus und Eugene Ionesco, sondern vor allem wegen der Popularisierung des Begriffs "Gharbzadegi". Seine 1962 unter diesem Titel erschienene Essaysammlung sorgte für großes Aufsehen und viele Diskussionen in Irans gebildeten Kreisen. In diesem Buch beklagt der linke Existentialist die Verwestlichung des Irans und mit ihm aller Länder der damaligen Dritten Welt, die sich aus seiner Sicht mühsam aus der kolonialen Knechtschaft befreiten, nur um sich in die Falle der neokolonialen Abhängigkeit - vor allem der geistigen - zu begeben. "Gharbzadegi" ist eine Wortneuschöpfung, eine Kombination aus den persischen Begriffen einerseits für "Westen" und andererseits für "befallen", "unterlegen", "geblendet". Im Deutschen wird es mit "geplagt vom Westen" übersetzt. Auf der 1985 erschienenen Langspielplatte "Rottenhat" hat der politisch engagierte englische Jazzrockmusiker Robert Wyatt ein Lied mit dem Titel "Gharbzadegi" veröffentlicht und das Fremdwort recht elegant mit "Westernitis" ins Englische übersetzt.

Al-e Ahmad trieb die Vernichtung traditionsreicher Handwerkskünste Persiens durch die maschinell hergestellten Massenwaren aus dem Westen um, weshalb er eine Industrialisierung des Irans in eigener, staatlicher Regie befürwortete. Durch seine negativen Erfahrungen mit der Tudeh-Partei und dem Führerkult um Stalin war er außerdem zu der Überzeugung gekommen, dass die bloße Übernahme jener Modernisierungsmethoden, mit denen die Sowjetunion und die Länder des Warschauer Pakts ihre Gesellschaften reformiert und sich politisches und wirtschaftliches Gewicht in der Welt verschafft hatten, in den sogenannten Entwicklungsländern zum Scheitern verurteilt sei, solange man dort nicht das authentische kulturelle Erbe des jeweiligen Staats - im Falle des Irans die Zwölfte-Schia-Variante des Islams - berücksichtige und in den Veränderungsprozess einfließen lasse.


Gestützt am Arm eines Piloten steigt der alternde Khomeini die Flugzeugtreppe herab - Foto: Abbas (photographer), Public domain, via Wikimedia Commons

Der historische Moment, als am 2. Februar 1979 Ajatollah Khomeini aus dem Exil heimkehrt und am Teheraner Flughafen landet
Foto: Abbas (photographer), Public domain, via Wikimedia Commons

Im ausländischen Exil hatte Khomeini in den siebziger Jahren begonnen, Teile der kulturellen Kritik Al-e Ahmads am Westen in seine Predigten zu übernehmen. Später, nachdem der Großajatollah und seine klerikale Clique mit Hilfe von Verbündeten im Sicherheitsapparat die Massenproteste des iranischen Volkes gegen den Schah gekapert und einen streng religiösen islamischen Staat errichtet hatten, ließ Khomeini um seine Person einen Führerkult entstehen, der aufgrund seiner besonderen Stellung an der Spitze der schiitischen Theologie von den Strenggläubigen weit hysterischer und blindwütiger betrieben wurde als alles, was man in der Sowjetunion unter Stalin erlebt hatte. Gleichwohl hat der neue islamische Staat viele Schlüsselindustrien übernommen und modernisiert. Ohne derlei staatliche Eingriffe hätte die Islamische Republik den verheerenden Krieg mit dem Irak in den achtziger Jahren und die ruinösen wirtschaftlichen Sanktionen der USA und deren Verbündeten womöglich nicht überlebt.


Stehende Gefangene werden von hockenden Männern mit Gewehren erschossen - Foto: Jahangir Razmi, Public domain, via Wikimedia Commons

Revolutionäres Erschießungskommando am Flughafen Sanandaj im Jahre 1979
Foto: Jahangir Razmi, Public domain, via Wikimedia Commons

Hamid Dabashi hat im Laufe seiner akademischen Karriere mehr als 20 Bücher veröffentlicht und ist einer der exponiertesten muslimischen Gelehrten der USA. Als offener Unterstützer der Kampagne Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen (BDS) zur politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Isolierung Israels wegen dessen Apartheid-ähnlichem Umgang mit den Palästinensern wurde er zusammen mit seinem berühmten palästinensischen Kollegen an der Columbia University, Edward Said, in den ersten Jahren nach den 9/11-Terroranschlägen von den zionistischen Kreisen in New York wegen angeblichem Antisemitismus angeprangert. 2005 stand er Regisseur Ridley Scott als historischer Berater bei dem Hollywood-Streifen "Königreich der Himmel" über die Kämpfe zwischen den christlichen Kreuzfahrern und den muslimischen Armeen Saladins um die Herrschaft über das Heilige Land einschließlich Jerusalems im zwölften Jahrhundert zur Seite.


Soldaten pausieren bei der Schlacht um die Küstenregion Schatt al-Arab - Foto: Commandernavy, CC BY-SA 4.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0], via Wikimedia Commons

Iranische Soldaten im Schützengraben während des Iran-Irak-Kriegs
Foto: Commandernavy, CC BY-SA 4.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0], via Wikimedia Commons

Obwohl selbst ein unnachgiebiger Kritiker der Islamischen Republik Iran hat Dabashi für dessen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad öffentlich Partei ergriffen, als der ehemalige Bürgermeister von Teheran bei einem Auftritt 2007 an der Columbia University im Rahmen des interreligiösen, interkulturellen Dialogs von den Gastgebern mehr als schäbig und seiner Position als zweithöchster Repräsentant des iranischen Staats unwürdig behandelt wurde. In der vorliegenden Biographie gelingt es Dabashi, Al-e Ahmad aus der ideologischen Umklammerung der Machthaber der Islamischen Republik Iran sowie vom Vorwurf, ein rückwärtsgewandter Maschinenstürmer gewesen zu sein, zu befreien. Er schildert mit viel Sympathie den Lebenslauf des umtriebigen Schriftstellers und schildert diesen als wissbegierigen Kosmopoliten, der zu Lebzeiten die Denkkorsette Westen - Orient, schiitisch - sunnitisch und arabisch - persisch gesprengt hat. An dessen Beispiel lädt Dabashi den Leser ein, selbst darüber zu reflektieren, wie sehr sich westlicher Imperialismus, Islamismus und Zionismus gegenseitig bedingen und die Sicht der einfachen Menschen auf das, was sie vereinen könnte, versperren.


Eine gigantische Menschenmenge bewegt sich über die Hauptverkehrsstraße von Teheran - Foto: Milad Avazbeigi, CC BY-SA 2.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0], via Wikimedia Commons

Stiller Protestmarsch durch Teheran bei der gescheiterten Grünen Revolution im Juni 2019
Foto: Milad Avazbeigi, CC BY-SA 2.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0], via Wikimedia Commons

17. Mai 2022

Hamid Dabashi
The Last Muslim Intellectual
The Life and Legacy of Jalal Al-e Ahmad
Edinburgh Historical Studies of Iran and the Persian World, 2021
344 Seiten
ISBN-13: 978-1-474479288


veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 174 vom 21. Mai 2022


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